Positionen

Raucher, Markt und Regulierung

Den Angaben des „Special Eurobarometer 506“[1], Erhebung im Auftrag der Europäischen Kommission, rauchen 24,7% der europäischen erwachsenen Bevölkerung (18+), also rund ein Viertel, über 90 Millionen Erwachsene.

Die Frage, ob das gut oder schlecht ist, soll hier nicht im Mittelpunkt stehen; hier soll diskutiert werden, wie in der realen Lebenswirklichkeit mit der Tatsache umgegangen werden kann, dass 90 Millionen Konsumenten Tabakprodukte nachfragen.

Mit der Abschaffung eines legalen Angebotes für nachgefragte Produkte wurde im 20. Jahrhundert mit den Alkohol-Prohibitionen in Norwegen und in den Vereinigten Staaten desaströse Erfahrungen gesammelt: in beiden Fällen etablierte sich binnen kurzem ein gewaltiger illegaler Markt, um die fortbestehende Nachfrage – bei fehlendem legalem Angebot - zu bedienen.

Bereits in der aktuellen regulatorischen Situation und dem bestehenden Preisniveau für Tabakwaren ist der illegale Markt enorm: 2019 wurden rund 40 Milliarden illegale, also geschmuggelte und illegal produzierte Zigaretten in Europa konsumiert[2]. Der Retail Wert von 40 Milliarden legalen Zigaretten liegt bei ca. € 14 Milliarden. Nach Angaben des europäischen Amts für Betrugsbekämpfung OLAF[3] werden durch den Tabakschmuggel u.a. Gesundheitskampagnen gegen das Rauchen untergraben und große Anreize für das organisierte Verbrechen geschaffen.

Nicht nur das Ausweichen von Konsumenten auf illegale Bezugsquellen zeigt die Wirkmacht der Nachfrage auf: nachdem Tabakprodukte preislich dem Budget von bestimmten Konsumentengruppen enteilt waren, begann der kometenhafte Aufstieg von eZigaretten mit Liquids; nachdem Regulatoren begannen, diese auch durch Verbrauchsteuern zu verteuern, zog die Karawane weiter zu z.B. eShishas chinesischer Provenienz.

Zurückkehrend zu der Ausgangsfrage, wie mit der Tatsache umgegangen werden soll, dass in der Europäischen Union 90 Millionen Konsumenten Tabakprodukte nachfragen, sind wir der Auffassung, dass die legale Vertriebskette für Tabakwaren eine wichtige Rolle spielt:

  • Der Großhandel mit Tabakprodukten in der EU arbeitet im Offenen und ist Teil der Wirtschaft; neben den Tabak-Verbrauchssteuern steht unser Gewerbezweig für alle weiteren Steuerarten und qualifizierte Arbeitsplätze.
  • Wir setzen Regulierung am Markt um und durch: der Jugendschutz 18 wurde durch Gesetz eingeführt – mit Leben gefüllt und durchgeführt wird er von uns. Gleichfalls wurde das Tracking und Tracing für Tabakprodukte per Gesetz eingeführt – durchgeführt wird es von den Großhandelsbetrieben.

Die legale Vertriebskette für Tabakprodukte ist eine den fiskalischen und gesundheitspolitischen Zielen zuarbeitende Ebene. Lediglich diese im Offenen arbeitende Ebene ist transparent, kontrollier- und beeinflussbar durch Regulierung.

Was geschieht, wenn Märkte und Nachfrage illegalen Strukturen überlassen bleiben, steht für die Alkoholprohibitionen in den Geschichtsbüchern, kann aber für Rauschgifte an dem vom US-Präsidenten Richard Nixon 1972 ausgerufenen „War on Drugs“ gesehen werden. Diese Politikrichtung war so wenig erfolgreich, dass ein Umdenkprozess gefordert wird. In den Worten von Kofi Annan[4]:

But despite this clear evidence of failure, there is a damaging reluctance worldwide to consider a fresh approach. The Global Commission on Drug Policy is determined to help break this century-old taboo. Building on the work of the Latin American Commission on Drugs and Democracy, our first report — The War on Drugs — demonstrated how repressive approaches to containing drugs have failed.

 


[1] European Commission, Special Eurobarometer 506, Attitudes of Europeans towards Tobacco and Electronic Cigarettes, February 2021

[2] KPMG, Illicit Cigarette Consumption in the EU, UK, Norway and Switzerland, 2019 results 18. Juni 2020

[3] https://ec.europa.eu/anti-fraud/investigations/investigations-related-eu-revenue/tobacco-smuggling_de, Abruf vom 21.04.2022

[4] https://www.kofiannanfoundation.org/in-the-news/kofi-annan-stop-war-on-drugs/ Abruf vom 21.04.2022

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